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Aktuelles von Umbau und Neubau – September 2011

Glasharmonika aus Schloss Schönborn in Geisenheim
 
Die Glasharmonika befindet sich seit 1905 im Besitz des Historischen Museums Frankfurt. Es handelt sich um ein herausragendes Instrument der historischen Musiksammlung. Eine Bestandsrevision wurde zum Anlass genommen, notwendige Konservierungsarbeiten durchzuführen.
In der einschlägigen Literatur wird die Glasharmonika als eine Entwicklung von Benjamin Franklin bezeichnet: Das sog. Reibe-Idiophon entwickelte sich Ende des 18. Jahrhunderts zu einem gefragten Musikinstrument. Bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts war das Glasspiel sehr beliebt, namhafte Komponisten wie z.B. Wolfgang Amadeus Mozart oder Johann Christian Müller komponierten Musikstücke für die Glasharmonika. Anfang des 20. Jahrhunderts integrierte Richard Strauss die Glasharmonika wieder in seinen Operkompositionen.
 
Die Glasharmonika des Historischen Museums Frankfurt misst eine Höhe von 0,91 m, eine Breite von 1,225 m und eine Tiefe von 0,45 m. Die Konservierungsarbeiten umfassten die Festigung lockerer Furnierbereiche mit Glutinleim sowie die Reinigung der originalen Lackoberfläche mit destilliertem Wasser. Fehlstellen wie Profilleisten an den Vierkantspitzfüßen konnten mit Nussbaumholz ergänzt und anschließend mit Aquarellfarbe eingestimmt werden. Der Glanzgrad der Fehlstellen wurde mit Dammerfirnis an das originale Umfeld angeglichen.
 
Die ineinander gesteckten Glasglocken lagern auf einer gemeinsamen horizontalen Metallachse. Durch die Betätigung eines Fußpedals werden die Glasglocken in Bewegung gesetzt. Der Ton wird durch Berühren der Glockenränder mit einem feuchten Finger erzeugt. Der Klangkörper ist ein Holzkorpus, der aus Nussbaumholz und furniertem Nadelholz mit Nussbaum konstruiert ist. Um den Zeitgeist und Geschmack jener Zeit zu treffen, ist das Nussbaumholz tiefrot eingefärbt und mit einer leicht glänzenden, rotbräunlichen Lackoberfläche versehen. Die Metallapplikationen, die an den Seitenflächen die Schraubfunktion der Beine kaschieren, sind vergoldet. Die Beine konnten demontiert werden, was eine Reisetransporterleichterung darstellt. Das Fußpedal wird durch einen Steckmechanismus an den Beinen befestigt. Ein Lederriemen sorgt für die Kraftübertragung auf die Achse mit den Glasglocken.

Die Frankfurter Kapellmusik in der Barfüßerkirche

Im Zuge der Beschäftigung mit der historischen Aufführungspraxis sind historische Musikinstrumente in den letzten Jahren wieder in das Interesse der Öffentlichkeit gerückt. Da sie den jeweiligen zeitlichen Moden und technischen Bedürfnissen unterlagen, erfuhren sie permanente Änderungen oder wurden von neuen Modellen gänzlich abgelöst. Besonders in der Renaissance und im Frühbarock existierte eine Vielzahl an Instrumentententypen, die heute nicht mehr bekannt sind bzw. deren moderne Nachfolger (z. B. Oboe, Fagott) mit den ursprünglichen Instrumenten (Pommer, Dulzian) nur eine oberflächliche Ähnlichkeit besitzen.
Neben einem Altpommer der berühmten Nürnberger Instrumentenbauerfamilie Denner vom Beginn des 18. Jahrhunderts gehört ein nicht minder wertvoller Dulzian zum Bestand des HMF, der mit der eingeschnittenen Datierung 1605 und dem Frankfurter Adler auf die so genannte Kapellmusik in der Frankfurter Barfüßerkirche verweist, die gegen Ende des 16. Jahrhunderts gegründet wurde. Die Aufgabe der Instrumentalisten, deren Anzahl zwischen acht und elf schwankte, bestand zunächst darin, Gottesdienste in der Barfüßerkirche musikalisch zu untermalen. Später spielten sie auch bei weltlichen Anlässen. Ihre Instrumente waren nicht, wie heute üblich, Eigentum der Musiker, sondern sie wurden ihnen zur Verfügung gestellt. Da Blasinstrumente nicht beliebig nachgestimmt werden können, war es notwendig, auf Tonhöhen abgestimmte Instrumente zu haben. Mangels genormter Orchester hatte auf diese Weise jedes Ensemble sein eigenes Klangbild mit einem individuellen Stimmton.

Unter den insgesamt zwölf hochkarätigen Instrumenten der Kapellmusik im HMF kann ein Instrument unmittelbar mit dem Namen eines Instrumentenbauers verbunden werden. Es handelt sich hierbei um die Säulenblockflöte des Instrumentenbauers Hans Rauch Schratt(enbach)s. Nur fünf weitere Säulenblockflöten dieser Instrumentenbauerfamilie sind bisher bekannt. Sie lassen sich zu einem Instrumentensatz unterschiedlicher Tonhöhen zusammenfügen.

Wie ein solcher ausgesehen hat, zeigen zwei Instrumentensätze der Frankfurter Kapellmusik mit ihren dazugehörigen Futteralen. Zwar haben sich nicht alle Instrumente erhalten, aus der Länge der Futteralröhren lassen sich jedoch die Tonhöhen der heute fehlenden Instrumente rekonstruieren.

Die frühesten Holzblasinstrumente der Sammlung, die wohl aus einer italienischen Werkstatt stammen, sind Teil eines der beiden Instrumentensätze. Durch einen Nachweis im „Inventarium Librorum Instrumentorum Musicorum" des Kapellmeisters der Barfüßerkirche, J. A. Herbst, lassen sich diese Flöten in die Zeit vor 1626 datieren. Eine im Oktober 2009 durchgeführte Röntgenuntersuchung im Frankfurter Archäologischen Museum konnte interessante Einblicke in das Innenleben der ungewöhnlich vollrunden, stark konisch geformten Tenorblockflöten bieten, sodass nunmehr Aussagen über die genaue Technik der einteiligen Instrumente getroffen werden können. Weitere Geheimnisse sollen in Zukunft noch gelüftet werden und uns Auskünfte über den Klang dieser heute höchst selten erhaltenen Instrumente geben.